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Vantecc Twincam 230 – Der elektronische Blick nach hinten

Immer mehr elektronische Helferlein finden sich heutzutage in den Fahrzeugen. Kurvenlicht, Bremsassistent, Internet, sogar das Parfümieren des Innenraumes ist möglich. Eine Sache war jedoch bislang unangetastet. Der Blick in den Rückspiegel hat schon Generationen vor uns in der Fahrschule in die Verzweiflung getrieben. Ob zum Einparken oder auch nur zur Make-Up-Aufbesserung, der Spiegel war bislang unverzichtbar. Ist er es wirklich? VW-Bulli.de hat das Kamerasystem Vantecc Twincam 230 getestet.

Was Audi mit dem R8 e-tron 2012 in Serie herstellen wollte, hat die kleine Elektronikschmiede Vantecc aus Gärtringen im Landkreis Böblingen bereits 2010 auf den Markt gebracht: Ein Kamerasystem, das nicht nur das Rangieren bei der Rückwärtsfahrt erleichtert, sondern bei normaler Fahrt mittels Spiegelmonitor den Innenspiegel ersetzt. Sogar mit Preisen wurde die Firma in den vergangenen Jahren bereits bedacht. So gewann das System den Caravaning-Design-Award 2010/2011 sowie den Automotive Brand Contest 2011 in der Kategorie „Components & Technical“ neben etablierten Marken wie Audi, Mercedes und Volkswagen und war für den deutschen Designpreis 2012 nominiert. Auszeichnungen also, die sich sehen lassen können. Woraus besteht nun also Twincam 230? VW-Bulli.de hat das System in einem längeren Praxistest genau unter die Lupe genommen.

Foto: Patrick Kühl

Funktion und Lieferumfang

Das Twincam-System besteht aus einem Kameramodul, einer Steuerbox sowie den dazugehörigen Kabeln. Mehrere Eigenschaften heben das System von Konkurrenzprodukten ab. Das aus einem Aluminiumblock gefräste Kameragehäuse beinhaltet zwei Kameras, die aufgrund ihrer geringen Lichtanforderungen von nur 0,01 Lux auch bei Dunkelheit ein perfektes Bild liefern. Die obere Kamera zeigt waagerecht nach hinten und bildet so in der Vorwärtsfahrt den rückwärtigen Verkehr ab, ersetzt also den Innenspiegel. Das Kamerabild deckt jedoch einen weitaus größeren Teil ab als durch einen herkömmlichen Innenspiegel erfasst werden kann. Die untere Kamera, auf die beim Einlegen des Rückwärtsgangs automatisch umgeschaltet wird, zeigt schräg nach unten und hilft dem Fahrer als bekannte Rückfahrkamera beim Einparken.

Da das System auf der Innenseite der Heckscheibe angebracht wird, ist es vor Wettereinflüssen oder auch Vandalismus komplett geschützt. Der Heckwischer sorgt für ein immer klares Bild. Das Aluminiumgehäuse ist genauestens auf die Scheibe des gewünschten Fahrzeugs angepasst und wird mittels Klebeschicht fest und sicher angedrückt. Das Bild kann in einen bereits vorhandenen Monitor, etwa dem des Navigationsgerätes, eingespeist oder aber mittels eigens entwickelter Spiegelhalterung Visifix an einem ebenfalls über Vantecc erhältlichen Zusatzmonitor direkt an Ort und Stelle des nun überflüssigen Innenspiegels wiedergegeben werden.

Die Frage nach einer Zulassung des Systems stellt sich übrigens nicht, da in der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung eindeutig geregelt ist, dass Fahrzeuge, sofern Sie nicht über einen Innenspiegel zur Beobachtung des rückwärtigen Fahrzeugverkehrs verfügen, stattdessen mindestens zwei Außenspiegel aufweisen müssen. Das dürfte bei nahezu jedem Fahrzeug heutzutage der Fall sein.

Für unseren Test entschieden wir uns für das Komplettpaket der Twincam 230 Black Edition mit Spiegelhalterung Visifix und Zusatzmonitor. Das Paket erreicht uns tiptop verpackt, sodass während des Transports nichts mit der empfindlichen Fracht passieren sollte. In drei verschiedenen Kartons findet der Käufer nun alles, was zum Betrieb des Systems notwendig ist (siehe Foto). Hier haben wir allerdings eine kleine Anmerkung, die wir schon des Öfteren den Herstellern von Navigationsgeräten mit auf den Weg gaben: Verringert die Verpackungen, liebe Hersteller! Es ist nicht notwendig, dass eine DIN A5-Gebrauchsanweisung in einem zusätzlichen ZIP-Verschlussbeutel verpackt wird. Selbstverständlich möchte der Kunde keinen durchgewürfelten Haufen der Zubehörteile in einem Karton vorfinden, aber jedes noch so kleine Teil einzeln zu verpacken muss einfach nicht sein.

Der größte Karton enthält das Monitorsystem VT400, bestehend aus einem 7“ Touchscreen-Monitor, der über ausreichende Anschlussmöglichkeiten zwei weitere Videoquellen und auch einen PC darstellen kann, inklusive der auch separat erhältlichen Monitorhalterung Visifix. Weiterhin ist der vollständige Kabelsatz enthalten, der aus der Steuerbox inklusive Stromanschlüssen, einem Chinch-Kabel sowie einem hochwertigen Anschlusskabel für das Kameramodul besteht. Die Kabellängen sind hierbei für den Einsatz in großräumigen Fahrzeugen ausgelegt. Das eigentliche Kameramodul befindet sich gut geschützt im dritten Karton. Kleinteile, die zur Montage benötigt werden, sind ebenfalls vollständig vorhanden. Selbst kleine Tütchen zur Entfettung der Klebeflächen legt Vantecc bei.

Foto: Patrick Kühl

Die Visifix-Halterung

Unabhängig vom eigentlichen Kamerabetrieb ist die Visifix-Halterung zu betrachten (siehe erstes Foto). Nicht nur Monitore, auch Navigationsgeräte oder ähnliche Elektronik lassen sich mit der kleinen unscheinbaren Halterung exzellent am Haltepunkt des Innenspiegels anbringen. Nicht jedes Fahrzeug verfügt über einen nutzbaren Monitor im Armaturenbrett, beispielsweise eines Navigationsgerätes. Da die obere Kamera im Vantecc-System während der Fahrt dauerhaft eingeschaltet ist, lag es nahe, den damit nutzlosen Innenspiegel auch durch den Monitor zu ersetzen. Eine eventuell unschöne Platzierung auf oder im Armaturenbrett kann somit vollständig entfallen.

Foto: Patrick Kühl

Der vorhandene Innenspiegel wird einfach von der Kugelhalterung abgezogen und durch die Visifix-Halterung ersetzt. Vorsicht ist hier jedoch bei elektronischen Innenspiegeln, also denjenigen die zum Beispiel selbst abblendend sind, geboten. Hier muss zuvor die Kabelverbindung in den Spiegel getrennt werden, so auch in unserem Test-Multivan. Doch dazu später mehr.

Für verschiedene Kugelkopfgrößen sind der Visifixhalterung spezielle Unterlegscheiben beigelegt. Eine Montage kann somit auf Halterungen mit einem Kugeldurchmesser von 14-22mm erfolgen. Die Bedienung ist denkbar einfach. Über eine Feder und eine Inbusschraube lässt sich die Verschraubung und damit die Bewegungsfreiheit auf der Kugel genauestens angepasst an das Monitorgewicht einstellen. Die Befestigung des Monitors selbst erfolgt über ein kleines quadratisches Plättchen, das in die entsprechende Vorrichtung auf der Rückseite des Monitors eingeschoben und mittels Rändelschraube festgezogen wird. Hier ist nur darauf zu achten, dass der Wunschmonitor oder das Navigationsgerät über die entsprechende Befestigungsmöglichkeit verfügt.

Gerade im Transporter- und Wohnmobilbereich ist der Innenspiegel durch nicht vorhandene Heckscheiben zumeist überflüssig. Mit Visifix erhält man so eine gute Möglichkeit, die heute fast schon selbstverständliche Elektronik im Fahrer- und Beifahrerbereich gut einsehbar und sehr einfach zu befestigen. Erhältlich ist die Halterung aus CNC-gefrästem Aluminium in eloxiertem Rot oder Schwarz über Vantecc direkt oder Zwischenhändler wie etwa Camperhimmel.de (siehe zweites Foto)

Foto: Patrick Kühl

Der Einbau

Generell raten wir dazu, derartiges Zubehör durch Fachbetriebe einbauen zu lassen. So ist immer sichergestellt, dass bei Fehlern oder Beschädigungen eigenes Verschulden ausgeschlossen werden kann. Vantecc bietet den Einbauservice in verschiedenen Regionen in Deutschland an. Aber auch herkömmliche KFZ-Betriebe sollten vor keine Probleme beim Einbau gestellt werden.

Foto: Patrick Kühl

Natürlich ist es aber auch möglich, das System selbst in das Fahrzeug einzubauen, denn je nach Fahrzeugmodell ist Fachwissen dazu nur begrenzt notwendig. In unserem Fall haben wir das Modell an einem herkömmlichen Multivan T5, Baujahr 2006 getestet. Dies ist insofern wichtig zu wissen, als die Kameragehäuse speziell nach der im Fahrzeug verbauten Heckscheibe angefertigt werden. Hier hat der Hersteller VW verschiedene Fabrikatsnummern für die Scheibenausführung vergeben, die am Scheibenstempel ablesbar sind. Vantecc vergibt die Kameras speziell nach dieser Scheibennummer. Aber auch die Kabelwege und Montagepunkte können natürlich in den verschiedenen Modellen voneinander abweichen. Daher kann unser Einbau nur in etwa den Montageaufwand widerspiegeln.

Foto: Patrick Kühl

Begonnen haben wir den Einbau mit der Anbringung des Monitors am ehemaligen Innenspiegel. Hierzu war es erforderlich, den Spiegel vollständig zu zerlegen, da in unserem Testbus eine selbstabblendende Variante verbaut ist, die die gesamte Eletronik im Spiegelgehäuse trägt (siehe Bild 1). Nach Lösen der Kabelverbindungen konnte der Innenspiegel von der Scheibe entfernt werden. Nach Öffnen des Spiegelgehäuses konnte dann auch der Kugelkopf entfernt und wieder in den Bus eingebaut werden. Das „Abdrehen“ des Spiegels vom Kugelkopf direkt an der Frontscheibe kann zu Beschädigungen führen. So ist zu raten, die gesamte Spiegelkonstruktion erst einmal zu entfernen.

Foto: Patrick Kühl

Die Installation des Monitorhalters Visifix gestaltet sich recht einfach und auch der Monitor lässt sich spielend leicht befestigen (Bilder 2 und 3). Ein ungewöhnliches Bild ergibt sich nach erfolgter Montage und zugleich offenbart sich ein erster Kritikpunkt. Der Monitor hat seinen Kabelauslass an der Unterseite, sodass diese sichtbar sind. Würde das Kabel direkt an der Rückseite aus dem Gehäuse geführt, wäre eine elegantere Kabelführung möglich. So verschwinden Sie erst nach einem kurzen Knick unter dem vorderen Dachhimmel (Bild 4).

Foto: Patrick Kühl

Da man in der Wahl des Wiedergabegerätes völlig frei ist und beispielsweise auch den bereits vorhandenen Navimonitor benutzen kann, ist das allerdings völlig unkritisch. Eventuell wäre auch zu überlegen, ein anderes Format des Monitors zu wählen, da dieser schon recht wuchtig den Platz des alten Innenspiegels einnimmt.

Foto: Patrick Kühl

Nach Montage des Monitors und dessen Verkabelung installieren wir die Kamera an der Heckscheibe. Dies ist nach Abnahme der Fensterrahmenverkleidung ebenfalls spielend einfach. Die Kamera selbst verfügt über einen Kleberücken an den Gehäuserändern und kann so leicht auf die Innenseite der Scheibe gedrückt werden. Sorgfältig sollte hier jedoch die Platzierung ausgemessen werden, damit die Kamera auch mittig auf der Heckscheibe sitzt. Das Anschlusskabel wird unterhalb der Verkleidung durch die fahrerseitig sitzende Kabelgummitülle in den Innenraum geführt. Damit ist die Montage der Kamera schon erledigt (Bild 5).

Foto: Patrick Kühl

Bleibt als letztes noch die Steuerbox, die Kamera und Monitor zusammenführt sowie das Umschalten von Rückfahr- auf Innenspiegelkamera inklusive der Stromversorgung übernimmt (Bilder 6 und 7). Die Platzierung der kleinen Box hängt von den Anschlussmöglichkeiten im Fahrzeug ab. Sie muss über ein Zündungsplus, die dazugehörige Masse sowie über das Rückfahrsignal angeschlossen werden. Der Monitor kann ebenfalls über die Steuerbox mit Strom versorgt werden. Aufgrund des in ausreichender Länge vorhandenen Anschlusskabels der Kamera entscheiden wir uns dazu, die Steuerbox im vorderen Fahrzeugbereich anzubringen. Unter dem Fahrersitz stehen in unserem T5 die benötigten Anschlüsse zur Verfügung. Hier sind im Einzelfall die günstigste Kabelverlegung sowie deren Anschlusspunkte zu suchen, da sich die Ausstattungsvarianten zu stark voneinander unterscheiden.

Nach ordentlicher Verkabelung, bei der wir die unverständlicherweise beiliegende Lüsterklemme in ihrer Verpackung belassen und uns auf KFZ-haltbare Quetschverbindungen beschränken, können wir einen ersten Funktionstest starten – siehe da, der neue Innenspiegel zeigt auf Anhieb ein brilliantes Bild.

Foto: Patrick Kühl

Die Kamera liefert ein gestochen scharfes Bild, an dem es nichts auszusetzen gibt. (Bild 1) Der Bereich hinter dem Fahrzeug wird in ungewohnten Ausmaßen am Platz des Innenspiegels angezeigt. Hier muss man sich tatsächlich erst daran gewöhnen, dass die Kamera am hinteren Ende des Fahrzeuges platziert ist und somit die bekannte Ansicht des Innenraumes durch die Heckscheibe auf die Straße wegfällt. Damit geht natürlich auch einher, dass man bei einer Unterhaltung mit Passagieren im Fonds des Busses nicht mehr in den nicht mehr vorhandenen Spiegel und jetzt Monitor blicken kann.

Foto: Patrick Kühl

Der Bereich zwischen Fahrer und Heckscheibe ist ab sofort ausgeblendet. Wer diesen Blick jedoch braucht, weil er beispielsweise seine Kinder beaufsichtigen möchte, der sollte sich den Kameramonitor an eine andere Position montieren. Dies gilt natürlich ebenso bei einer ausgeprägten Nutzung des Innenspiegels für Make-Up-Korrekturen, die ab sofort nur noch über den Sonnenblendenspiegel möglich sind.

Foto: Patrick Kühl

Die Umschaltung auf die Rückfahrkamera erfolgt beim Einlegen des Rückwärtsgangs und damit dem Aufleuchten der Rückfahrscheinwerfer problemlos und schnell. Die untere Kamera verrichtet nun ebenso gestochen scharf wie die obere ihren Dienst und zeigt den Bereich hinter der Stoßstange (Bild 2). Aufgrund der Einbauposition auf der Innenseite der Scheibe ist ein Hindernis bis etwa 50cm hinter der Stoßstange zu sehen. Alles was sich in den 50cm befindet, so etwa die Anhängerkupplung, wird von der Kamera nicht mehr erfasst. (Bilder 3 und 4) Für den Einparkvorgang ist dies jedoch noch ausreichend, vor allem dann, wenn man die Entfernungen besser einschätzen kann.

Foto: Patrick Kühl

Auch bei Dunkelheit lassen die extrem lichtempfindlichen Kameras den Fahrer nicht im Stich. Beim Einparkvorgang sind die Rückfahrscheinwerfer hell genug, um das Kamerabild ausreichend genau darzustellen und während der normalen Fahrt ist auch das Bild im Innenspiegel nicht deutlicher sichtbar.

Fazit

Elektronische Helfer überfluten den KFZ-Bereich in den letzten Jahren zunehmend. Den guten alten Innenspiegel zu ersetzen, hat sich jedoch noch nicht durchgesetzt. Vantecc hat mit ihrer Twincam 230 dazu ein sehr gutes Produkt auf den Markt gebracht, das zudem die Funktion einer Rückfahrkamera mit dem elektronischen Innenspiegel verbindet. Die Kamera versieht beschädigungs- und diebstahlsicher auf der Innenseite der Heckscheibe ihren Dienst, das Anzeigegerät kann dazu frei gewählt werden und die Montage ist relativ leicht durchzuführen. Da kann es abgesehen von kleinen Details wie der unnötigen Verpackung sowie einer Lüsterklemme, die zur Herstellung einer elektrischen Verbindung im Auto gänzlich ungeeignet ist, eigentlich keinerlei Kritik geben.

Eigentlich, denn ein Punkt wird entscheidend dafür sein, dass auch das Vantecc-System noch keinen reißenden Absatz in der Bulliszene findet: der Preis. Zwar wird ein Großteil der Komponenten in Deutschland gefertigt und garantiert somit Qualitätsarbeit, aber eine unverbindliche Preisempfehlung von 999 Euro für die Twincam Black Edition schreckt den Käufer sicher erst einmal ab. Die mit einer polierten Oberfläche versehene Design Edition schlägt sogar mit 1369 Euro zu Buche, ohne den Monitor versteht sich. Mit optimierten Komponenten dürfte dieser Preis jedoch noch weiter zu senken und somit ernsthafte Konkurrenz für herkömmliche Rückfahrkamerasysteme sein. So könnte beispielsweise das aus einem Alublock CNC-gefräste Kameragehäuse vereinfacht aus anderen Materialien hergestellt werden. Der von uns getestete Monitor kostet bei Vantecc 239 Euro, die Visifix-Halterung belastet mit nochmals 69 Euro die Finanzen.

Am Verkaufspreis und kleineren Details hat Vantecc also noch etwas zu arbeiten, die Idee und dessen Umsetzung ist jedoch klasse und qualitativ weit von den herkömmlichen Fernost-Systemen entfernt.

Patrick Kühl, Bearbeitung: Gerhard Mauerer

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