Zurück

Risikofaktor Smartphone

Immer mehr Deutsche können auch am Steuer die Finger nicht vom Smartphone lassen. Das bestätigt eine aktuelle Verkehrssicherheitsaktion des Auto Club Europa (ACE). Der Club hatte dazu bundesweit an 600 neuralgischen Punkten das Verhalten von Kraftfahrern unter die Lupe genommen, unter anderem an städtischen Ein- und Ausfahrtstraßen, Berufsschul- und Einkaufszentren.

 ©ACE Emmerding

Das Ergebnis: Im Schnitt alle 2,9 Minuten beobachteten die Tester einen Verstoß gegen das Handyverbot. Bruno Merz, Organisator der Aktion „Park dein Handy, wenn du fährst!“ spricht von einem „Reiz zum Risiko“, dem immer mehr Autofahrer nicht widerstehen können. Insgesamt 13 878 Vergehen hat der Club im Rahmen der dreimonatigen Verkehrssicherheitsaktion beobachtet. Besonders besorgniserregend sei die Zahl der Handysünder in Großstädten wie Hamburg und Berlin, in denen die ACE-Tester im Schnitt 90 (Hamburg) beziehungsweise 61 (Berlin) Handysünder pro Stunde registrierten. Gerade in der Stadt mit unübersichtlichem Kreuzungsverkehr, Fußgängern und Fahrradfahrern sollte die volle Aufmerksamkeit auf den Verkehr gerichtet sein, mahnt der Automobilclub. Wer beispielsweise während der Fahrt eine SMS liest oder schreibt, erhöht das Unfallrisiko um das 23-Fache, verweist der ACE auf eine Studie aus den USA. Wird der Blick nur für fünf Sekunden vom eigentlichen Fahrgeschehen abgewendet, bedeutet das bei einer Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 km/h eine zurückgelegte Strecke von 180 Metern.

Dass es sich bei der Ablenkung am Steuer nicht um eine abstrakte Gefahr handele, zeige die deutliche Zunahme an Unfällen mit ungeklärter Ursache in den vergangenen Jahren. Experten gehen davon aus, dass sich ein Teil auf Handys und Smartphones zurückführen lassen. Immer öfter steht deshalb auch das Handy im Visier der Ermittler, wie aktuell bei einem tödlichen Unfall, der vor dem Stuttgarter Landgericht verhandelt wird.

Defizite im Bereich der polizeilichen Verkehrsüberwachung führten dazu, dass heute kaum ein Handysünder überführt wird, beklagt der ACE. Das Entdeckungsrisiko sei so gering, dass die Strafe von 60 Euro und einem Punkt in Flensburg immer weniger Autofahrer davon abhalte, am Steuer zum Smartphone zu greifen. Durch Ablenkung verursachte Fahrfehler, die glimpflich ausgehen, werden laut ACE vom Gehirn ‚belohnt‘, die Gefahr des Unfalls mit schwerwiegenden Konsequenzen ausgeblendet und nur das „Meistern der Situation“ verinnerlicht. Bisher wird bei Unfällen in der Regel nicht ermittelt, ob zum Unfallzeitpunkt telefoniert, gesimst oder gesurft wurde. Die fehlenden Daten führen dazu, dass – im Gegensatz beispielsweise zu Alkoholdelikten – nur theoretische Werte bezüglich der tödlichen Gefahr vorliegen. Der ACE fordert deshalb, dass im Zuge der polizeilichen Unfallaufnahme künftig grundsätzlich auch ermittelt werden soll, ob zum Unfallzeitpunkt das Mobiltelefon benutzt wurde. Nur so könnten auch belastbare Daten und Fakten zum Unfallrisiko durch Handys und Smartphones erhoben und von der Unfallforschung ausgewertet werden.

ampnet/jri