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Alaska-Highway - Traumstraße des Nordens

Der Weltenbummler Dieter Kreutzkamp berichtet über seine Abenteuer in Alaska: 1980 befuhr er erstmalig den Alaska Highway mit einem T2. Mehr als ein Dutzend Mal ist er seitdem auf der Traumstraße des Nordens in die „Eisbox Amerikas“ gerollt. In den 80ern war die Fahrt noch ein echtes Abenteuer, auch wenn die Straßenbauer schon begonnen hatten, dem Alaska Highway den Schrecken zu nehmen.

Kreutzkamps aktuelles Buch „Die Spur der Wale – Mit dem Kajak von Alaska durch die Inside Passage“. ©Dieter Kreutzkamp

Der Wagen vor mir schlingert. Steine prasseln gegen die Windschutzscheibe. Ich sehe, wie der Sprung im Glas sich weiter frisst.

Alaska or bust“. Aufkleber wie dieser sind an vielen Wagen. Frei übersetzt: Alaska – alles oder nichts! Es klingt wie zur Ermutigung. Doch den einen oder anderen sehe ich auf dem Dach neben der Piste. Manchmal ist der Highway tückisch. Im Nu verwandelt ihn Regen in eine Rutschbahn.

1520 Meilen Abenteuer, Rollbahn in entlegene Wildnis. Bilderbuchlandschaft am Summit Lake, der höchsten Erhebung des Highway. Endlose Wälder zwischen Steamboat Mountain und Watson Lake.

Natur pur – hier ist sie noch Realität.

Grenze zwischen Yukon Territory und Alaska. ©Dieter Kreutzkamp

Keine Fabrik auf 1500 Meilen, nur Orte wie Fort St. John, Fort Nelson, Kleinstädte mit nur wenigen Einwohnern. Ihre Namen lassen ahnen, dass sie noch vor wenigen Jahrzehnten vorgeschobene Posten in einer uneinnehmbar erscheinenden Wildnis waren.

Zwei Tage später, Watson Lake, dann Whitehorse, vorbei an den eisbedeckten St. Elias Mountains bis nach Fairbanks in Alaska.

Der Staub dringt durch die Ritzen der Tür. Im Wagen ist alles gepudert. Trotz allem, der Highway ist besser als sein Ruf. Jahr für Jahr wird das Band des Asphalts länger, der Highway wird sauberer, sicherer… aber damit auch etwas langweiliger…

Auch beim Reisen mit dem Bulli kommt das leibliche Wohl nicht zu kurz: Juliana Kreutzkamp kocht Marmelade aus selbst gepflückten alaskanischen Blaubeeren. ©Dieter Kreutzkamp

In Watson Lake lerne ich Joe Carmichael kennen, Bilderbuch-Kanadier, rot-schwarz-kariertes Hemd, stoppelbärig. „Boy, 1950 hättest du hier sein sollen, 20 Meilen pro Stunde, es war ein Kampf gegen die Straße.“ Und er lacht.

Heute ist der Alaska Highway ganzjährig befahrbar – und immer wieder fasziniert er auf andere Weise: tiefgefrorene Seen am 25. Mai. Ich höre bizarre Eisformationen klirren, brechen. Das Frühjahr kündigt sich an, aber es ist nahe dem Polarkreis…

Fast scheint es, als wäre der Winter die Jahreszeit des Nordens und der Sommer eine Entgleisung der Natur. Er ist kurz aber heftig. Verschwenderisch blühen Heckenrosen und fire weed, summen Bienen. Und auf einmal ist es heiß und trocken.

Ich stoppe hier und dort, pflücke Erdbeeren, Himbeeren, Blaubeeren. Alles in nie zuvor gekannter Fülle.

Doch Achtung, wo Beeren sind, sind Bären nicht weit. Im Süden noch Schwarzbären, sind es im Norden die Grizzlys. Ursus horribilis, der Schreckliche. „Wenn du seinen Buckel erkennst, ist es an der Zeit, sich schleunigst zu verdrücken...!“ Der mir das sagte, wurde von allen Dad Newman genannt. Ein faltiger Indianer am Yukon River. Sein Lebtag hatte er Lachs gefischt.

Ab September ist mit den ersten Schneefällen am Alaska Highway zu rechnen. ©Dieter Kreutzkamp

Ich begleite ihn. Mit einem Netz ziehen wir tausend Pfund Lachs ins Boot. Ein Teil dient im Winter als Hundefutter.

Der Alaska Highway im Herbst, ein optischer Höhenflug, so, als wolle die Natur beweisen, was in ihr steckt. Die Landschaft ist gesprenkelt in allen Nuancen zwischen Rot und Gold. Dann der erste Wintersturm im Oktober, und der Highway wird grau, für sieben lange Monate.

Whitehorse ist hier die größte Stadt zwischen Dawson Creek und Fairbanks. Sie ist die Hauptstadt der Yukon Territorien mit Fast Food Restaurants und Supermärkten. Eine Stadt mit 250 Tagen Frost im Jahr, mit 52 Grad minus an Rekordmarken heranreichend.

Vom Flugzeug wirkt der Alaska Highway wie eine Wunde im heilen Körper der Natur. Wälder soweit das Auge reicht. Dazwischen das Band der Straße, begehrt nur im Sommer. Im Winter gehört die Straße den Elchen, Caribous und mächtigen Trucks.

Dieter Kreutzkamp mit seinem VW-Bulli in Whitehorse im Yukon Territory. ©Dieter Kreutzkamp

Im Mai beginnt das Leben erneut, dann ziehen sie mit den Zugvögeln nach Norden, die grey haired ladies mit ihren pensionierten Männern. Mit zunehmender Straßenverbesserung nimmt die Zahl der komfortablen 50.000-Dollar-Camper zu. Kaum einer der Fahrer ist unter sechzig, Ausdruck für die Mobilität einer ganzen Nation: Drei Monate geht’s im Sommer nach Alaska, den Winter verbringen diese snow birds in Kalifornien oder Florida. Dass dazwischen 5000 bis 10.000 Kilometer liegen, quittieren sie mit einem Lachen: „That’s America!!!“

Alte Liebe rostet nicht“, könnte man sagen. Jüngst war Dieter Kreutzkamp wieder im hohen Nordwesten Amerikas unterwegs; 2500 Kilometer paddelte er im Kajak durch den Prince William Sound, die Glacier Bay und die Inside Passage von Alaska nach Vancouver. Eine Reise der Extreme an den schönsten Küsten Nordamerikas. Sein Buch „Die Spur der Wale – Im Kajak durch die Inside Passage“ erschien gerade bei Malik/National Geographic.

Dieter Kreutzkamp