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Mit dem Bulli in Serbien

Sommer 2004: Die Straße führt uns durch das in dieser Region zahme Balkan-Gebirge von Bulgarien nach Serbien. Wie würden wir das Land erleben? Der Krieg liegt noch nicht lange zurück. Wir wollen auf die Menschen setzen.

 ©Hermann Hülder

Nach der Pass-, Fahrzeug- und Führerscheinkontrolle winkt man uns in eine Halle über eine Grube und bedeutet uns auszusteigen. Das Tor geht zu.

Wichtig wird der Bulli abgeklopft, es klingt nicht nach verfülltem Hohlraum. Natürlich muss die Heckklappe geöffnet werden. Auch wenn man den Inhalt des "Kofferraums" bestens sieht durch das Heckfenster: An der Grenze öffnet man nun mal die hintere Klappe – und siehe da: Es findet sich das Bettzeug.

Dann geht es unter den Bulli: Wie beim TÜV wird in alle Winkel geleuchtet und an Bauteilen gerappelt. Unterm Bulli fällt der Blick des Grenzbeamten auf ein kleines Kästchen, das wohl mal der Unterbringung eines Schlüssels gedient haben muss. Sofort wird der Oberst geholt. Hofft er Drogen oder anderes Schlimmes zu finden? Wichtig und streng schaut er zwischen dem Kästchen und uns hin und her. "Cluj", sage ich. Das Wort hatte ich mal gelernt, als ich den Schlüssel für Strom auf einem Campingplatz während einer Kroatienreise brauchte.

Beim Öffnen findet sich kein Schlüssel. Doch wir werden ins Land entlassen. Links und rechts der Straße weitet sich ebenes Land mit saftig grünen Weiden und gelb von Blumen, lila auch. Die Berge sanft am Talrand, dann bestimmend, schließlich türmend und felsig vor uns und dann auch mittendrin. Tunnel sind zu durchfahren, vom Gedröhn der Diesel erfüllt. Durch die Schluchten schieben uns Lastzüge vor sich her - durch die Enge ständig auf der Hut, die Tunneldecken und Felsüberhänge nicht zu berühren.

Unsere Augen suchen nach einer Zuflucht aus dieser Bedrängnis, nach einer Möglichkeit zu halten, dem Drängen zu entkommen. Schließlich wieder offene Landschaft. Die Stadt Nis ist zu durchfahren, von der wir noch wissen, dass lange die von Nato-Flugzeugen zerstörte Brücke im Fluss lag. Unser Weg führt uns durch die Boulevards mit den Plattenbauten. Haben wir vielleicht eine schöne Stadt verpasst? Wir müssen heute mal vorankommen.

Im Regen erreichen wir die Hauptstadt Belgrad. In einer riesigen orthodoxen Kirche auf einem Hügel finden wir Zuflucht vor dem Wetter, fragen dann nach dem Weg in die Altstadt, kommen zum Parlament, das im Rahmen einer sonst friedlichen Revolution im Jahr 2000 vom Volk gestürmt wurde. Dabei wurde der damalige Präsident Milosevic zum Rücktritt gezwungen und später an den UN-Gerichtshof überstellt. Heute kündet an dieser Stelle eine Metalltafel von den Geschehnissen.

Wir erreichen die Innenstadt von Belgrad, dessen Name "weiße Burg" bedeutet. Große Gebäude im Stile der KuK-Zeit und des sozialistischen Realismus. Fahrende Händler wollen unseren Bulli zu kaufen. Nix da! Hinter der Stadt Richtung Norden ist ein Campingplatz ausgeschildert. Es dämmert bald. Immer wieder dräut der Regen.

Wir sind schon lange auf dem Platz, da kommt erst jemand und nimmt Geld. Zum Stromanschließen kommt er wieder. Dabei lerne ich, dass Strom auf Serbisch Strom heißt. Am nächsten Morgen können wir ungestört über den Platz gehen. Am Zaun geht es gefühlte 200 Meter in die Tiefe. Unten ziehen riesige Schiffe ihre Bahn. Was ist das? Eine Serbien-Karte war nicht zu kriegen. Wie hieß der Platz noch? In lateinische Schrift übertragen: Dunaw. Klingt nach Donau. Genau so ist’s.

Wieder auf dem Autoput geht’s ans Bezahlen. Unser Bulli gilt als Reisebus und wir sollen entsprechend hohe Gebühren entrichten. Das wollen wir nicht glauben. Sonst werden wir höchstens wie ein Van eingruppiert. Doch es hilft nichts. Wir regen uns auf wegen der geforderten 32 Euro für den kurzen Weg. Doch Schimpfen hilft nicht. Zahlen, fertig. Sollten wir noch mal hinfahren, dann nicht über den Autoput.

Die Erlebnisse in Serbien haben wir immer noch nicht so recht sortiert. Man sollte noch mal hin. Ein zweiter Blick fällt vielleicht milder auf das Land. Die Zeiten ändern sich.

Dieser und die nachfolgenden Artikel von Hermann Hülder sind in 2010 zuerst in der Wattenscheider Lokalausgabe der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" erschienen und wurden mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Autors bei VW-Bulli.de veröffentlicht.

Hermann Hülder

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