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Mit dem T6 California nördlich des Polarkreises Teil 2

Mit einem California kann man immer und überall campen. Wirklich? Ja, wirklich. Heiko Wacker hat den Härtetest gemacht - im T6 California auf den Lofoten, 100 Kilometer nördlich des Polarkreises. Hier ist Teil 2 seines Berichts.

 ©Volkswagen Nutzfahrzeuge

Hallo Bullifreunde!

Weiter geht es im Bericht über T6 California-Campen auf den Lofoten...

Fast wundert man sich, dass die Lofotinger noch nicht auf die Idee kamen, ihre Luft in Büchsen verpackt zu exportieren – in eine beliebige deutsche Stadt zum Beispiel, wenn mal wieder Feinstaubalarm angesagt ist. Ihren größten Exportschlager kennt man ja auch bis nach Südeuropa: den Dorsch. Getrocknet auf langen Holzgestellen direkt an der Küstenlinie wird aus den Kabeljauhälften im Laufe der Zeit der legendäre Stockfisch, den man nicht nur in der katholischen Fastenzeit schätzt.

Steht man unter solch einem Gestell, dann riecht es recht aufdringlich – gerade, wenn es sich um ein Gestell für Fischköpfe handelt, die zu Bündeln gepackt ebenfalls dem Wetter ausgesetzt werden, um später bis jenseits des Äquators zu schippern, die globalen Handelswege reichen eben weit. Das kommt einem so unwirklich vor angesichts des heimeligen Bereiten des Nachtlagers im Bulli, der inzwischen wieder an einem verschneiten Strand parkt, weshalb man sich ein wenig Mühe gibt, und die vor Dreck und Schneematsch starrenden Stiefel quasi beim Hüftschwung ins Auto abwirft. Gleich werden sie in der Trittstufe der Schiebetür im warmen Luftstrom der Standheizung trocknen, während sich die Sitzbank in wenigen Handgriffen zum Bett wandelt. Hmmm ….

 ©Volkswagen Nutzfahrzeuge

Bei schönem Wetter nächtigt man natürlich „oben“, das gemütliche Doppelbett im elektrohydraulischen Aufstelldach verzückt auch Erwachsene, hat es doch den unbeschreiblichen Charme eines Baumhauses. Und weil VW im Falle des Zeltstoffs seit dem Start der sechsten Transporter-Generation auf Kunststoff setzt, und weder Wassereintritt noch Schimmelbildung mehr ein Thema sind, kann man das Dach auch bei Regen ohne Reue nutzen. Bravo!

Indes stürmt es bereits in den frühen Abendstunden – und weil es zur Nacht hin noch heftiger werden soll, verbleiben Dach und Schlafstatt eben unten. Gemütlich ist es hie wie da, auch weil die Standheizung auf leiser Stufe vor sich hinfächelt. Später wird eine normale Decke vollkommen genügen, während es draußen immer schlimmer – schlimmer geht immer – tobt.

Und doch ist man dem Sturm nicht gram, verspricht er doch Schneisen in der Wolkendecke, durch die man Sterne, vor allem aber das Polarlicht zu erblicken hoffen darf. Eine Garantie gibt es nicht, immerhin aber entsprechende Vorhersagen, ja sogar spezielle Apps, die jedoch nichts nützen, bleiben die Wolken dicht. Manch einer kurvt sechs erfolglose Wochen durch die Gegend, andere haben gleich in der ersten Nacht Glück. Man kann es nie wissen.

 ©Volkswagen Nutzfahrzeuge

Wenn es dann aber doch zu tanzen beginnt, das Aurora borealis, dann ist alle Theorie – elektrisch geladene Teilchen des Sonnenwindes ionisieren Sauerstoff- und Stickstoffatome in der Erdatmosphäre – vergessen, dann blickt man nur noch staunend zum Himmel, ergriffen gar, weder Kälte noch Wind achtend. Und noch Stunden später, wenn man sich fröstelnd in den Bulli verzieht, tanzen die Lichter hinter geschlossenen Lidern weiter. Man möchte zum Lyriker werden. Eigentlich wird man es sogar zwangsläufig, und die Ärgernisse des Alltags schrumpfen von der Größe des Elefanten zu jenen Mücken, die sie doch zumeist eigentlich sind. Selbst Ortsnamen kommen ja zuweilen mit nur einem Buchstaben aus – den Beweis findet man auf den Lofoten.

Natürlich sind wir nicht die ersten Bulli-Fans, die ihren Wagen vor dem wohl sparsamsten Ortsschild der Welt – in „Å“ nämlich – fotografieren, oder vor der Klapp- oder Schiebetür der Faszination eines winterlichen Polarlichts erlegen sind, das ging schon mit bescheiden anmutenden 24,5 PS, damals in den 1950er-Jahren, keine Frage. Indes rollt man heute, nach genau 70 Jahren und in der sechsten Generation, natürlich mondäner durch die Welt der Lofoten: Was damals mit dem klassischen Luftboxer im Heck begann, das kommt heute als veritabler Alleskönner daher, mit potenten Motorisierungen, serienmäßig-bärigen Motoren oder einer Differentialsperre. Von so etwas konnte man in den 50er-Jahren allenfalls feucht träumen. Nur das Fernweh-Gen – das hat sich keinen Deut geändert. Wie schön …

Weniger schön zeigt sich das Wetter dann wiederum ein paar Tage später, nun steht tatsächlich die Rückreise an, die Fähre wartet schon – und das Herz seufzt, so rasch vermochte es die Natur der Lofoten, den Mitteleuropäer in mir in den Bann zu ziehen.

 ©Volkswagen Nutzfahrzeuge

Doch die Natur – wir hatten es ja bereits angedeutet – die hat hier eben auch die Hosen an. Und auch, wenn der Fahrplan der Hurtigruten länger den Unbilden des arktischen Winters zu trotzen vermag, als noch der Magen der tapfersten Landratte, so gibt es doch auch hier eine Grenze, und für das Schiff dann keinen Weg hinaus aufs offene Meer.

Macht das was? Nö – macht nix. Sprit gibt es auch auf den Lofoten, Fortbewegung und Standheizung sind also gewährleistet. Und plötzlich bekommt eine wahrscheinlich werdende Verzögerung der Heimreise einen ganz besonderen Charme. Wie war das noch? Es gibt kein schlechtes Wetter! Und vielleicht fetzt der Sturm ja in der kommenden Nacht wieder ein paar Löcher in die Wolkendecke?

Wie gesagt – hier im Norden hat die Natur das Sagen, und bringt zuweilen die Fahrpläne durcheinander. Aber manchmal lässt die Natur eben auch das Nordlicht über dem Bulli tanzen. Dann ist alles vergeben – und der Mensch schweigt stille …


Hier noch ein paar Links zu im Text erwähnten Stationen:

Lofotr Vikingmuseum: www.lofotr.no

Unstad Arctic Surf: http://unstadarcticsurf.com

Hurtigruten: www.hurtigruten.de

Unter diesem Beitrag gibt es Links zum ersten Teil des Berichts und zur umfangreichen Bildergalerie

Heiko P. Wacker